Der Einsatz von Techniken zur Verhaltensänderung in der Praxis: Verfügbare Hilfsmittel nutzen

Von Marta Moreira Marques, Neue Universität Lissabon (NOVA), Portugal

Techniken zur Verhaltensänderung sind elementare Bausteine von Programmen, die auf die Veränderung von Verhalten zielen. Egal, ob Sie versuchen, jemandem zu helfen, körperlich aktiver zu werden, mit dem Rauchen aufzuhören oder sich besser an eine Medikamentenroutine zu halten: Der grundlegende Kern sind Verhaltensänderungstechniken. Zu den gängigen Techniken zur Verhaltensänderung gehören Dinge wie Zielsetzung und Selbstbeobachtung, das Bereitstellen von Informationen über ein Verhalten und der Umgang mit Emotionen.

Viele Fachleute haben wahrscheinlich bereits eine Vielzahl dieser Techniken zur Verhaltensänderung in der Praxis angewendet, jedoch ohne diese als solche bezeichnet zu haben. Um Klient*innen oder Patient*innen bei der Verhaltensänderung optimal zu helfen, müssen diese Techniken jedoch systematisch und rational angewandt werden (siehe z.B. den früheren Beitrag in diesem Blog “Wie setzt man Ziele, die funktionieren“). Daraus ergeben sich für Praktiker*innen zwei Fragen:

  • Wie kann ich herausfinden, welche Techniken zur Verhaltensänderung mir zur Verfügung stehen?
  • Welche Techniken zur Verhaltensänderung sind für meine Klient*innen geeignet und wie kann ich diese in der Praxis anwenden?

Dieser Artikel bietet einen Überblick über einige kostenlose und leicht zugängliche Hilfsmittel, die Praktiker*innen dabei helfen können, diese Fragen zu beantworten und sich bei der Durchführung von Verhaltensänderungsmaßnahmen in der Praxis sicherer zu fühlen.

Teil 1. Identifikation verfügbarer Verhaltensänderungstechniken: Klassifikationssysteme

Da es eine große Anzahl von Techniken zur Verhaltensänderung gibt, haben Verhaltenswissenschaftler*innen Klassifizierungssysteme für diese Maßnahmen entwickelt.

Wahrscheinlich die umfassendste und am weitesten verbreitete Klassifizierung ist die Behaviour Change Techniques Taxonomy (v1), welche von Forscher*innen des Centre for Behaviour Change entwickelt wurde. Diese Taxonomie enthält 93 Techniken inklusive Kennzeichnung, Definition und praktischen Beispielen. Da diese Taxonomie schon umfangreich verwendet wurde, ist es jetzt relativ einfach, eine Übersicht der am häufigsten verwendeten und wirksamsten Techniken zu finden – für verschiedene Gesundheitsverhaltensweisen, in verschiedenen Kontexten und in verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Diese Taxonomie wird derzeit in andere Sprachen übersetzt, um ihre Verwendung durch Fachleute in aller Welt zu erleichtern (z.B. Portugiesische Version). Das Centre for Behaviour Change verfügt über eine Online-Datenbank mit Interventionen, die sich auf diese Taxonomie stützen, über Online-Schulungen, eine Smartphone-App und andere wichtige Ressourcen, um weitere Informationen zu erhalten.

Darüber hinaus gibt es weitere Klassifizierungssysteme, die je nach Ziel der Intervention hilfreich sein können. Wenn es hauptsächlich darum geht, Personen bei der Auswahl geeigneter selbstgesteuerter Techniken zu unterstützen, beispielsweise im Rahmen des Selbstmanagements einer chronischen Erkrankung, dann können Sie ein Kompendium von 123 Techniken konsultieren. Das Kompendium beinhaltet einen Werkzeugkasten, in dem die Techniken und die Möglichkeiten ihrer Anwendung in Laiensprache beschrieben werden.

Teil 2. Umsetzung von Techniken zur Verhaltensänderung in die Praxis: Kompetenzen und Training

Eine Frage, die sich aus dem Lesen des ersten Abschnitts dieses Artikels ergeben kann, lautet: “OK, jetzt weiß ich, wie ich Hilfsmittel nutzen kann um verschiedene Techniken zur Verhaltensänderung zu finden. Aber woher weiß ich, welche genau ich anwenden soll und wie lerne ich diese umzusetzen?” Tatsächlich erfordert die Unterstützung für Verhaltensänderungen und die Anwendung von Techniken zur Verhaltensänderung Kompetenzen, die auch für den Einsatz anderer therapeutischer Werkzeuge erforderlich sind.

Sogenannte Kompetenzrahmen beschreiben Kompetenzen, die für die Anwendung verschiedener Techniken zur Verhaltensänderung erforderlich sind.  Im europäischen Kontext wurde ein umfassender professioneller Kompetenzrahmen für Fachpersonen in Gesundheitsberufen und anderen Berufsgruppen entwickelt, welche Verhaltensänderungen und das Selbstmanagement chronischer Krankheiten unterstützen. Dieser Rahmen benennt eine Reihe von Kernkompetenzen, die für die Unterstützung von Verhaltensänderungen zentral sind, und identifiziert die nützlichsten Techniken zur Änderung von Verhaltensweisen wie Ernährung, körperliche Bewegung und Medikamentenadhärenz.

Weitere wichtige Ressourcen, welche im Rahmen der Initiative Train4Health geschaffen wurden, sind:

  • Ein frei zugänglicher Online-Kurs zur Schulung von Fachpersonen in Gesundheitsberufen und anderen Berufsgruppen sowie von Studierenden zur Unterstützung von Verhaltensänderungen (einschließlich der Anwendung von Verhaltensänderungstechniken) beim Umgang mit chronischen Erkrankungen;
  • Eine Webapplikation, welche ein geschütztes Umfeld für die Schulung der Unterstützung von Verhaltensänderungen bietet. In dieser App übernehmen die Benutzer*innen die Rolle einer Fachperson in Gesundheitsberufen oder einer anderen Berufsgruppe und interagieren mit fiktiven, virtuellen Menschen (2D), welche Personen mit chronischen Krankheiten simulieren;
  • Ein frei zugängliches Buch mit Beispielen und Anleitungen für die Umsetzung dieser Techniken.

Praktische Empfehlungen:

  1. Nehmen Sie sich Zeit, um sich über die Nutzung von Techniken zur Verhaltensänderung zu informieren: Das Beherrschen von Verhaltensänderungstechniken, einschließlich der Frage, welche Techniken in verschiedenen Situationen eingesetzt werden sollten, kann den Erfolg der Unterstützung der Verhaltensänderungen enorm erleichtern und steigern, selbst bei kurzen Begegnungen mit Klient*innen. Probieren Sie es in Ihrem eigenen Tempo aus.
  1. Suchen Sie nach Möglichkeiten, die Anwendung von Verhaltensänderungstechniken zu trainieren: Die hier zur Verfügung gestellten Ressourcen bieten einen guten Einstieg, aber damit ist es nicht getan. Organisieren Sie interne Schulungen oder wenden Sie sich an Berufsverbände! Dies wird Ihnen helfen, sich die nötigen Fähigkeiten für die Anwendung von Techniken zur Verhaltensänderung in der Praxis anzueignen. In einigen Ländern gibt es bereits Schulungen und andere Ressourcen, die von professionellen und akademischen Institutionen angeboten werden. Sie können sich auch an die nationalen Delegierten der European Health Psychology Society wenden, wenn Sie weitere Informationen über die in Ihrem Land verfügbaren Ausbildungsmöglichkeiten erhalten möchten.

Übersetzt von Bianca Bürli und Dr. Theresa Pauly