Von Marie Johnston und Derek Johnston, Universität Aberdeen, Schottland
Praktizierende wollen häufig die Antwort auf ein Problem, das eine Person, ein Gesundheitsteam, ein Krankenhaus oder eine Region etc. betrifft. Zum Beispiel kann es wichtig sein zu wissen, wie oft ein fettleibiger Mann einen Snack einnimmt, wann und wo er einen Snack einnimmt und ob Stress es verschlimmert. Oder Sie möchten herausfinden, wie oft Mitglieder eines Gesundheitsteams die Handhygiene unterlassen, ob es schlimmer ist, wenn sie unterbesetzt sind und ob Werbung auf der Station sie verbessert. Oder Sie möchten Quellen klinischer Fehler untersuchen, um zu prüfen, ob sie auf einigen Stationen oder für bestimmte Dienstgrade der Mitarbeitenden häufiger auftreten. Oder auf politischer Ebene könnte es sinnvoll sein zu untersuchen, ob eine neue Verordnung, wie beispielsweise ein Rauchverbot an öffentlichen Orten, die Raucherquote beeinflusst hat.
Sie könnten versuchen diese Fragen zu beantworten, indem Sie Personen befragen, was sie denken oder an was sie sich erinnern. Jedoch wäre es besser zu den kritischen Zeitpunkten und an den kritischen Orten zu befragen oder zu beobachten, um Probleme der Verzerrung und des Vergessens zu vermeiden. Neueste technologische Fortschritte wie die digitale Überwachung mit Smartphones erleichtern es, das Geschehen in Echtzeit zu verfolgen und eine n-of-1 Studie könnte es Ihnen ermöglichen, Ihre Frage zu beantworten.
N-of-1 Studien sind möglich, wenn das Problem wiederholt beurteilt werden kann, um Veränderungen über die Zeit zu betrachten. Dann kann man das Problem beschreiben und prüfen, ob es unter bestimmten Bedingungen besser oder schlechter ist. Oder man kann eine neue Intervention oder Behandlung einleiten und beurteilen, ob sie die erwartete Wirkung hat.
Die einfachste Auswertung der gesammelten Daten ist die Beobachtung von Trends in einem Diagramm wie in den untenstehenden Abbildungen. Dies ist ein wesentlicher Schritt in jeder n-of-1 Analyse und kann ausreichend sein. Zusätzlich gibt es Methoden der statistischen Analyse für n-of-1 Studien. Komplexere Methoden werden weiter entwickelt (z.B. Methoden zur Erfassung von dynamischen Veränderungen).
Verwendung von n-of-1 Studien zur Erfassung des Problems
Eine Studie kann beispielsweise durchgeführt werden, um die Schwere, die Häufigkeit oder das Muster eines Problems über die Zeit hinweg zu erfassen. In Abbildung 1 variieren die Angstwerte im Verlauf der Zeit, aber es ist möglich ein Muster zu erkennen. Wenn zusätzlich auch die Präsenz am Arbeitsplatz erfasst wird, zeigt das beobachtete Muster einen Unterschied zwischen dem Wochenende und den fünf Arbeitstagen und könnte somit darauf hinweisen, dass die Person bei der Arbeit ängstlich ist, aber nicht wenn sie zu Hause ist. Solche Informationen können hilfreich sein, wenn die optimale Behandlungsmethode für eine Patientin oder einen Patienten ausgewählt werden muss. Zum Beispiel zeigte das Beobachten von Stimmung und Tageszeit bei einer sterbenden Frau bestimmte Muster, die dann verwendet werden konnten, um depressive Stimmung zu verbessern.
Die in diesen n-of-1 Studien gesammelten Informationen können über die Beschreibung des Problems hinausgehen und zu erklären helfen, was beobachtet wurde. In einigen Fällen kann die oder der Praktizierende eine Theorie darüber haben, was das beobachtete Problem beeinflusst und es ist so möglich zu testen, wie gut die Theorie beobachtete Phänomene erklärt. Im Falle der sterbenden Frau bestätigte die Beobachtung ihrer Gedanken und Aktivitäten die Theorie, dass ihre Stimmung von Gedanken beeinflusst wurde und die kritischen Gedanken mit Aktivitäten am frühen Morgen verbunden waren.
Abbildung 1: N-of-1 Studie zur Beschreibung eines Problems nutzen: Zeigt Angstbewertungen in blau und Arbeitstage in rot über 24 Tage
Verwendung von n-of-1 Studien zur Beurteilung, ob ein Ereignis oder Vorkommnis das Problem verbessert oder verschlimmert hat
Probleme können durch das Auftreten von natürlich auftretenden oder geplanten Ereignissen wie Todesfall in der Familie oder Hochzeit, eine Medienübertragung von Gesundheitsinformationen, eine Betriebsschliessung oder sogar Wetter verbessert oder verschlimmert werden. In der hypothetischen Darstellung in Abbildung 2 erhöhten sich die Konsultationen zu einer Erkrankung (z.B. Grippe) in der Woche nach einer Fernsehsendung zu diesem Thema stark. Dies deutet darauf hin, dass dieser Anstieg nicht auf eine drohende Epidemie zurückzuführen ist und dass Gesundheitsdienste solch vermehrte Konsultationen erwarten könnten, wenn medizinische Erkrankungen Schlagzeilen machen. Eine n-of-1 Analyse der englischen Krankenhaus-Episodenstatistik zeigte die Auswirkung eines Sportereignisses – es gab einen Anstieg der Krankenhauseinweisungen für Herzereignisse im Zusammenhang mit einem wichtigen Fussballspiel während der Weltmeisterschaft 1998.
Abbildung 2: Mit n-of-1-Studien die Auswirkungen eines Ereignisses beurteilen: Es gibt etwa 40 Konsultationen pro Tag über Grippe, bis die Fernsehsendung (dargestellt durch den blauen Pfeil) eine Erhöhung der Konsultationsraten zu bewirken scheint.
Verwendung von n-of-1 Studien zur Beurteilung, ob eine Intervention oder Behandlung die gewünschte Wirkung hat
N-of-1 Methoden können bei der Entwicklung neuer Interventionen, einschliesslich klinischer und politischer Interventionen, eingesetzt werden. Im hypothetischen Beispiel in Abbildung 3 nascht ein fettleibiger Patient etwa siebenmal pro Tag; nach der Intervention, die durch den roten Pfeil angezeigt wird (möglicherweise Selbstüberwachung des Naschens), reduziert sich das Naschen schnell auf zweimal pro Tag.
Ähnliche Methoden können verwendet werden, um das Rauchverhalten einer Nationzu untersuchen und um die Auswirkungen von politischen Massnahmen wie dem Rauchverbot an öffentlichen Orten zu beurteilen, z.B. wie sich die nationale Politik auf das Rauchen auswirkt.
Ein gutes Beispiel für den praktischen Einsatz von N-of-1 Methoden zur Bewertung der Wirkung einer Intervention wurde von Praktizierenden in einem Krankenhausbezirk berichtet. Sie prüften das Problem der Verzögerung bei der Meldung unerwünschter Ereignisse für den Zeitraum 2001 bis 2006. Dabei stellten sie fest, dass diese Verzögerung zwar unterschiedlich, aber für ihr Patientensicherheitsprogramm problematisch war und dass sich im Laufe der Zeit keine Anzeichen einer Verbesserung zeigten. In den Jahren 2007 und 2008 wurde ein Programm zur Anerkennung guter Leistungen eingeführt, das zu einer Verringerung der Verzögerungen in den Folgejahren führte. Es zeigt auf, wie eine solche Anerkennung die rechtzeitige Berichterstattung verbessert.
Abbildung 3: Verwendung von n-of-1 Studien zur Beurteilung der Wirkung einer Intervention: Die ersten 15 Tage zeigen die Naschhäufigkeit, ab Tag 16 beginnt die Selbstüberwachung (dargestellt durch den roten Pfeil), was zu einer Verringerung des Snackverhaltens führt
Herausforderungen
Die Datenerfassung kann eine Herausforderung darstellen. Häufige wiederholte Messungen können aufwendig sein und zu fehlenden Daten führen. Die aktuell rasanten Entwicklungen erschwinglicher digitaler und mobiler Technologien wie Smartphones, Wearables und Sensoren machen die Datenerfassung einfacher und zuverlässiger.
Praktische Empfehlungen
- Verwenden Sie eine n-of-1 Studie in der Praxis
- um ein Problem zu beschreiben und zu erfassen,
- um die Auswirkungen einer Intervention oder eines Ereignisses zu beurteilen.
- Beurteilen Sie ein Problem oder etwas Wichtiges, das im Laufe der Zeit wiederholt erfasst werden kann.
- Interpretieren Sie die Daten mit deskriptiven Methoden wie Grafiken oder mit statistischen Methoden.
- Kostenlose Smartphone Apps zur Erfassung von Selbstberichtsdaten stehen zur Verfügung.
Übersetzt von: Dr. Corina Berli, Sabrina Bigger