Von Amanda Daley, Loughborough University, UK
Im Vereinigten Königreich und Irland verfolgt die Initiative „Making Every Contact Count“ das Ziel, die tausenden täglichen Beratungsgespräche zwischen Gesundheitsfachkräften und Patienten*innen zu nutzen, um gesunde Verhaltensänderungen zu fördern. Konkret zielt Making Every Contact Count darauf ab, Fachkräfte im Gesundheitswesen zu befähigen und zu ermutigen, natürlich entstehende Gelegenheiten in der Routinepraxis zu nutzen, um kurze Interventionen zur Verhaltensänderung durchzuführen. Der Erfolg von Ansätzen wie Making Every Contact Count hängt davon ab, dass Gesundheitsfachkräfte bereit sind, diese Gespräche in ihren Beratungsgesprächen tagtäglich zu führen. Making Every Contact Count richtet sich an alle – es ist nicht auf bestimmte Berufsgruppen, Gesundheitsdienste oder Patientengruppen beschränkt. Gerade deshalb kann Making Every Contact Count dazu beitragen, gesundheitliche Ungleichheiten zu verringern, da es auf einem inklusiven Ansatz basiert, bei dem alle Patienten*innen diese Unterstützung im Rahmen ihrer Beratungsgespräche erhalten.
Die Unterstützung inaktiver Menschen dabei, körperlich aktiver zu werden, wird zunehmend als wichtiger Bestandteil der Rolle von Gesundheitsfachkräften anerkannt. Zudem würden 1 von 4 Menschen körperlich aktiver sein, wenn sie von einer Gesundheitsfachkraft dazu beraten werden würden. Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass kurze Interventionen zur Verhaltensänderung (1–2 Minuten) während eines Beratungsgesprächs wirksam sein können. Making Every Contact Count ist wichtig, weil Menschen, die regelmäßig Gesundheitsdienste in Anspruch nehmen und mit Fachkräften im Gesundheitswesen in Kontakt stehen, entweder bereits an nichtübertragbaren Krankheiten leiden oder ein erhöhtes Risiko dafür haben – und zudem mit größerer Wahrscheinlichkeit inaktiv sind.
Während offizielle Empfehlungen vorsehen, dass Erwachsene mindestens 150 Minuten körperliche Aktivität mit moderater Intensität oder 75 Minuten mit hoher Intensität pro Woche ausüben sollten – oder eine Kombination aus beidem –, wird mittlerweile auch anerkannt, dass bereits kurze Phasen körperlicher Aktivität zur Gesundheit beitragen können. Tatsächlich betonen die Richtlinien, dass jede Form von körperlicher Aktivität wichtig ist und dass selbst ein wenig besser als gar nichts ist. Diese einfachen, aber bedeutsamen Botschaften routinemäßig in Beratungsgesprächen an Patienten*innen weiterzugeben, könnte die Gesundheit der Bevölkerung weltweit erheblich verbessern.
Ein Beispiel für die Umsetzung von Making Every Contact Count im Vereinigten Königreich ist das Forschungsprogramm Snacktivity™. Snacktivity™ ermutigt die Bevölkerung, über den Tag und die Woche hinweg regelmäßig kurze, aber häufige «snack-große» Einheiten körperlicher Aktivität mit moderater bis hoher Intensität sowie muskel-/kraftbasierte Übungen durchzuführen. Ein „Aktivitäts-Snack“ dauert in der Regel zwischen 2 und 5 Minuten. Snacktivity™ ist so konzipiert, dass es auf natürliche Weise dazu anregt, lange Sitzzeiten über den Tag hinweg zu unterbrechen, indem regelmäßige „Aktivitäts-Snack“ in den Alltag eingebaut werden. Snacktivity Beispiele sind zügige Geh-Gespräche, Treppensteigen statt des Aufzugs zu nutzen, eine zusätzliche schnelle Gassirunde mit dem Hund, Wadenheben beim Zähneputzen oder Kniebeugen, während man darauf wartet, dass der Wasserkocher kocht. Snacktivity™ wurde als einfache Botschaft entwickelt, die alle Gesundheitsfachkräfte in verschiedenen medizinischen Kontexten an ihre Patienten*innen weitergeben können. Snacktivity™ zielt darauf ab, körperliche Aktivität auf eine neue, motivierende Weise zu fördern – unabhängig von körperlichen Fähigkeiten oder individueller Vorgeschichte und ohne den Einsatz spezieller Geräte. Da sich Snacktivity™ nahtlos in den Alltag integrieren lässt, ist es für nahezu jeden zugänglich. Hausärzte*innen, Pflegekräfte, Zahnärzte*innen, Physiotherapeuten*innen, Ergotherapeuten*innen und Podologen*innen wurden darin geschult, Snacktivity™ in ihren Beratungsgesprächen zu empfehlen. Sie berichten, dass das Konzept funktioniert, insbesondere wenn eine gewisse Flexibilität in der Terminplanung gegeben ist.
Natürlich gibt es auch Herausforderungen bei der Umsetzung von Making Every Contact Count, inklusive der begrenzten Zeit in Beratungsgesprächen, um solche Gespräche mit Patienten*innen zu führen. Wir wissen, dass Gesundheitsfachkräfte oft zögern, präventivmedizinische Themen anzusprechen – sei es aus Unsicherheit darüber, wie sie Patienten*innen am besten unterstützen können, oder aus Sorge, Patienten*innen vor den Kopf zu stoßen.
Es ist entscheidend, dass Gesundheitsfachkräfte über die nötigen Fähigkeiten und das Selbstvertrauen verfügen, um solche Gespräche mit Patienten*innen zu führen, da dies wesentlich für die Vertrauensbeziehung zu den Patienten*innen ist. Es mag unpassend und unangemessen erscheinen, mit Patienten*innen, die aus anderen Gründen eine medizinische Beratung in Anspruch nehmen, über körperliche Aktivität zu sprechen. So würde z.B. ein*e Zahnarzt*in normalerweise nicht über körperliche Aktivität mit Patienten*innen sprechen, da dies nicht direkt mit der Mundgesundheit zusammenhängt – im Snacktivity™-Programm geschieht dies jedoch durchaus. Dennoch ist es wichtig anzuerkennen, dass sich Gesundheitsfachkräfte bei der Vermittlung solcher kurzen Gesundheitsinterventionen wohlfühlen müssen – dies kann jedoch durch Schulung und Übung erreicht werden.
Hier sind fünf Empfehlungen zur Umsetzung von Making Every Contact Count, wie Snacktivity™, durch Gesundheitsfachkräfte:
Praktische Empfehlungen
- Überlegen Sie, ob es in Ihren Beratungsgesprächen Momente gibt, in denen das Thema Verhaltensänderung im Bereich des Lebensstiles angesprochen werden kann. Nutzen Sie beispielsweise die Gelegenheit, Ihre Patienten*innen zu fragen, wie viel sie sich pro Woche körperlich betätigen und ob es Zeiten in ihrem Tag gibt, in denen sie Snacktivity™ einbauen könnten.
- Finden Sie heraus, ob es lokale Möglichkeiten gibt, wo Sie Ihre Patienten*innen an zusätzliche Unterstützung und Ressourcen für körperliche Aktivität in ihrer Umgebung verweisen können.
- Halten Sie Ausschau nach Schulungsmöglichkeiten in Ihrem Land oder im Internet, um Ihre Fähigkeiten zur Vermittlung wirksamer Botschaften zur Änderung des Gesundheitsverhaltens an Ihre Patienten*innen weiterzuentwickeln. Hier sind zwei Beispiele aus dem Vereinigten Königreich, die nützlich sein könnten: Making Every Contact Count (MECC) und Active Conversations.
- Wenn Sie Erfahrung mit der Förderung von körperlicher Aktivität in Gesprächen mit Ihren Patienten*innen haben, könnten Sie Kollegen*innen unterstützen, die sich weniger sicher fühlen, solche Gespräche zu führen.
- Sie könnten als Botschafter*in an Ihrem Arbeitsplatz für Making Every Contact Count werben. Wenn Sie eine Führungsposition innehaben oder im Gesundheitsmanagement tätig sind, prüfen Sie, wie sich dieses Konzept in Ihre Gesundheitsdienste integrieren lässt.
Übersetzt von: Karoline Villinger