Peter M. Gollwitzer, New York University
Jeder hat schlechte Gewohnheiten. Man isst einen Snack wenn man gestresst ist oder man trinkt zu viel Alkohol, wenn man mit Freunden entspannt. Man setzt sich selbst unnötig unter Stress, in dem man sich von sozialen Medien von dringenden Projektarbeiten abbringen lässt, oder in dem man sich in unnötige Diskussionen mit Kollegen/Kolleginnen, Freunden/Freundinnen und Familie verwickeln lässt. Wie kann man diese schlechten Gewohnheiten ändern?
Manche Leute sagen vielleicht, dass man sich nur das Ziel setzen muss, diese schlechten aber verbreiteten Gewohnheiten zu unterlassen und schon wird man diese los, wenn man es wirklich versucht. Dennoch zeigt umfassende Forschung zur Motivation, dass es eine grosse Diskrepanz zwischen dem Ziel, seine schlechten Gewohnheiten kontrollieren zu wollen und dem tatsächlichen Handeln gibt. Das gilt für schlechte Gewohnheiten in allen Lebensbereichen, einschliesslich Gesundheit, Arbeit und Sozialleben. Was also kann man tun, um diese Diskrepanz zu verkleinern?
In meiner Forschung zur Selbstregulation der Zielverfolgung in den USA und Deutschland habe ich herausgefunden, dass Leute Pläne aufstellen sollten, wie sie ihre Ziele umsetzen wollen. Die effektivsten Pläne sind diejenigen, in denen spezifiziert wird, wann, wo und wie man sich bezüglich seiner Ziele verhält, in dem man ein WENN-DANN Format benutzt. Nehmen wir das Trinken in Begleitung von Freunden als Beispiel. Im WENN-Teil des Plans identifiziert man die kritische Situation, die üblicherweise die schlechte Gewohnheit auslöst. Vielleicht ist der Auslöser ein Bier, das von einem Freund angeboten wird. Im DANN-Teil spezifiziert man das Verhalten, das einen davon abhalten kann, das Angebot anzunehmen; zum Beispiel in dem man sagt, dass man heute lieber ein Glas Wasser trinken möchte. Anschliessend verbindet man den WENN- mit dem DANN-Teil, in dem man einen WENN-DANN Plan erstellt: “WENN mich am Freitag nach der Arbeit meine Kollegen auf einen Drink einladen, DANN antworte ich: Ich will nach Hause gehen und Zeit mit meiner Familie verbringen!”
Das klingt zu einfach? Eine endlose Reihe von veröffentlichten Studien, die mit Kindern, Erwachsenen und alten bis sehr alten Personen weltweit durchgeführt wurden, zeigt, dass WENN-DANN Pläne die Rate der Zielerreichung signifikant erhöhen. Das trifft auf Ziele im Bereich der Gesundheit, Leistungsziele sowie Ziele im interpersonellen Bereich zu; für Leute mit unterschiedlichen kulturellen und sozialen Hintergründen und sogar für Leute, die im allgemeinen Probleme mit der Selbstregulation haben (z.B. Kinder mit ADHS, Leute, die unter einer Abhängigkeit leiden, oder Patienten mit Schädigungen am Frontallappen).
Wie können einfache WENN-DANN Pläne so effektiv bei der Verhaltensänderung sein? In Laborexperimenten haben wir herausgefunden, dass Pläne es erleichtern, das im DANN-Teil spezifizierte Verhalten auszuführen, wenn man auf die kritische Situation auftrifft. Eine Person muss sich nicht mehr selber sagen, dass sie eine schlechte Gewohnheit loswerden will und muss dann auch nicht mühsam versuchen, dies zu tun. Stattdessen, löst die kritische Situation, die im WENN-Teil spezifiziert wird, die geplante Reaktion in einer schnellen, mühelosen und beiläufigen Art und Weise aus. Da der WENN-DANN Plan die Initiierung der geplanten Handlung auf die vorher definierte kritische Situation überträgt, liegt diese nicht mehr in den Händen der Person. Vielmehr muss die Person – als Konsequenz der WENN-Dann Pläne– nicht mehr die Rolle des bewussten „Aufsehers“ der eigenen Handlungen einnehmen. Stattdessen führt die Person jetzt eine vorprogrammierte, fast automatische Reaktion aus.
Empfehlungen für die Praxis
Es ist nicht schwierig zu lernen, gute WENN-DANN Pläne aufzustellen. Man muss nur die persönliche kritische Situation ausfindig machen, die die schlechten Gewohnheiten auslöst, und man muss jene Verhaltensweisen bestimmen, die man statt der üblichen ausführen möchte. Gabriele Oettingen, eine Kollegin an der New York University, hat eine Strategie der Selbstregulation entwickelt, die sich WOOP nennt (Wish-Outcome-Obstacle-Plan; auf Deutsch: Wunsch-Ergebnis-Hindernis-Plan). Diese Strategie beinhaltet vier Schritte, die einem helfen sollen, den WENN- und den DANN-Teil eines WENN-DANN Plans zu spezifizieren. Im ersten Schritt geht es um die Beschreibung des Wunsches, eine bestimmte schlechte Gewohnheit zu überwinden. Im zweiten Schritt soll man sich lebhaft vorstellen, wie es sich anfühlen würde, wenn man das beste Ergebnis (Outcome) dieses Wunsches erreichen würde. In einem dritten Schritt soll man sich fragen, was einen daran hindert, seinen Wunsch zu erreichen: Was ist das persönliche Hindernis (Obstacle), das einen zurückhält? Hat man dieses innerliche Hindernis gefunden und mithilfe der mentalen Vorstellung untersucht, kann man zum vierten Schritt übergehen. Man stellt einen WENN-DANN Plan auf, der das entdeckte Hindernis im WENN-Teil und eine instrumentelle Handlung, die dieses Hindernis überwinden soll, im DANN-Teil spezifiziert; der vierte Schritt des WOOPs wird beendet, in dem man seinen WENN-DANN Plan vor seinem geistigen Auge ausführt. Fertig!
Wenn Sie also nicht Opfer Ihrer schlechten Gewohnheiten sein wollen oder wenn Sie andere lehren möchten, wie man sich am besten vor der Ausführung von schlechten Gewohnheiten schützt, dann sollten Sie den folgenden WENN-DANN Plan aufstellen: “WENN ich heute einen Moment Zeit habe, DANN besuche ich die Seite www.woopmylife.org und lerne, wie ich WOOP benutzen kann!“ Sie können auch die WOOP App herunterladen. Diese App ist kostenlos und wird beim Versuch, Ihre schlechten Gewohnheiten zu ändern oder anderen dabei zu helfen, dieses Ziel zu erreichen, Ihre beste Freundin werden.
Translated by Theda Radtke & Rossella Falcone